Schmerzen beim Sex

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von Martina Feichter

Schmerzen beim Sex (mediz. auch Dyspareunie, Algopareunie, Kohabitationsschmerz) sind vor allem für Frauen ein häufiges Problem. Sie können den Geschlechtsverkehr zur Qual machen und eine Beziehung stark belasten. Aber auch Männer erleben den Geschlechtsakt manchmal als schmerzhaft. Die möglichen Ursachen für Schmerzen beim Sex sind vielfältig. Lesen Sie hier, wodurch sie entstehen und was Sie dagegen tun können.

 

Schmerzen beim Sex: Beschreibung

Schmerzen, die unmittelbar vor, während oder nach Eindringen des Penis beim Geschlechtsverkehr auftreten, werden mit dem Begriff Dyspareunie (Algopareunie) bezeichnet. Ausgelöst werden sie durch organische und/oder psychische Ursachen.

Vor allem für das weibliche Geschlecht sind Schmerzen beim Sex keine Seltenheit – etwa zehn Prozent der Frauen verspüren Schmerzen beim Eindringen des Penis und/oder im weiteren Verlauf des Geschlechtsverkehrs; noch größer ist der Anteil an Frauen, die Sex als unangenehm empfinden. Bei Männern dagegen kommen Schmerzen beim Sex viel seltener vor.

Schmerzen beim Sex: Ursachen und mögliche Erkrankungen bei der Frau

Die wichtigsten Ursachen, wenn Frauen Schmerzen beim Sex empfinden, sind:

  • Entzündungen im Genitalbereich: Entzündungen der Scheide (Kolpitis) und/oder der Schamlippen (Vulvitis) gehen oft mit Schmerzen beim Sex einher. Manchmal machen die Beschwerden den Sex sogar unmöglich. Auch eine chronische Entzündung von Eileiter und Eierstöcken (chronische Adnexitis) ruft Schmerzen beim Sex hervor.
  • Pilzinfektion der Scheide (Vaginalmykose): Eine Scheideninfektion mit Candida-Pilzen löst Juckreiz, Brennen, Schmerzen beim Sex sowie – bei Beteiligung der Harnröhre – Beschwerden beim Wasserlassen aus.
  • Enger Scheideneingang: Bei Mädchen und jungen Frauen kann ein sehr enger Scheideneingang für Schmerzen beim Sex verantwortlich sein.
  • Unzureichende Befeuchtung der Scheide (Lubrikationsstörung): Treten die Schmerzen nur bei oder kurz nach dem Sex auf, ist oft eine unzureichende Befeuchtung der Scheide und damit eine mangelnde Gleitfähigkeit schuld. Diese kann zum Beispiel bei fehlender Erregung, Östrogenmangel nach den Wechseljahren, aber auch bei psychischen oder Beziehungsproblemen der Fall sein.
  • Eierstockzysten: Flüssigkeitsgefüllte Blasen an den Eierstöcken bilden sich vor allem kurz nach der Pubertät und vor den Wechseljahren. Kleine Zysten bereiten meist keine Beschwerden, während größere unter anderem Regelschmerzen, dumpfe Unterbauchschmerzen, Rückenschmerzen sowie Schmerzen beim Sex und Stuhlgang verursachen können.
  • Gebärmuttermyom (Uterusmyom): Myome sind Wucherungen in der Muskelschicht der Gebärmutter und die häufigsten gutartigen Tumor im weiblichen Genitaltrakt. Je nach Lage können sie zum Beispiel Menstruationsstörungen, verstärkten Harndrang, Verstopfung, Bauch- und Rückenschmerzen sowie Schmerzen beim Sex hervorrufen. Viele Uterusmyome machen aber auch gar keine Beschwerden.
  • Andere Tumoren: Neben Zysten und Myomen können auch andere Tumoren im Genitaltrakt Schmerzen beim Sex verursachen, so etwa Gewebswucherungen im zurückliegenden Teil des Gebärmutterhalses oder im Douglasraum (Raum zwischen Gebärmutter und Enddarm).
  • Endometriose: Bei dieser Erkrankung kommt es aus unbekannten Gründen zu gutartigen, meist schmerzhaften Wucherungen von Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter in benachbarten Organen (unterer Bauch- oder Beckenraum, Eileiter etc.). Die möglichen Folgen sind neben Unfruchtbarkeit, Menstruationsstörungen und Unterleibsschmerzen auch Schmerzen beim Sex.
  • Chronische nicht-bakterielle Blasenentzündung (interstitielle Zystitis): Eine chronische, nicht durch Bakterien verursachte Entzündung der Harnblase kann drückende Schmerzen beim Sex auslösen sowie eventuell auch Harndrang beim Geschlechtsakt.
  • Verwachsungen und Narben: Gewebeschäden, Verwachsungen oder Narben nach einer Geburt, Operation oder Geschlechtskrankheit können schuld an Schmerzen beim Sex sein.
  • Fixierter Rückwärtsknick der Gebärmutter: Normalerweise neigt sich die Gebärmutter leicht nach vorne in Richtung Harnblase. Bei manchen Frauen ist sie dagegen nach hinten in Richtung Kreuzbein geneigt – entweder von Geburt an oder etwa als Folge einer Entbindung. Ist diese Rückwärtsbeugung fixiert (z.B. durch Verklebungen mit dem Enddarm infolge von Entzündungen oder Endometriose), kann sich die Gebärmutter nicht mehr aufrichten. Dies kann zu Kreuzschmerzen, schmerzhafter Regelblutung, Verstopfung und Schmerzen beim Sex führen.
  • Gebärmuttersenkung und Gebärmuttervorfall: Schmerzen beim Sex können auch durch eine Gebärmuttersenkung bedingt sein. Dabei senkt sich der Uterus aufgrund einer Schwäche seines Halteapparates und des Beckenbodens langsam ab. Meist senken sich gleichzeitig auch die Scheide sowie Blase und/oder Enddarm. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem kompletten Gebärmuttervorfall, bei dem sich die Scheide nach außen stülpt.
  • Lichen sclerosus (LS): Dabei handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung unklarer Entstehung, die vor allem bei Frauen auftritt. Sie kann sich in jedem Lebensalter im Bereich der Schamlippen entwickeln. Typisch ist eine oft pergamentartig dünne und porzellanweiß verfärbte Haut. Durch Abnahme der Gewebselastizität kommt es zu Schrumpfungseffekten, die Schmerzen beim Sex verursachen können. Weitere mögliche Symptome sind etwa Juckreiz im Bereich der Schamlippen, Brennen, Wundsein, Schmerzen beim Wasserlassen sowie Verstopfung.
  • Psychische Ursachen: Schmerzen beim Sex beruhen manchmal auf negativen sexuellen Erfahrungen (wie sexuellem Missbrauch). Andererseits kann es auch vorkommen, dass eine zunächst organische Schmerzursache (wie Verwachsungen, Zysten) Angst vor dem schmerzhaften Sex auslöst. Diese Gedankenverknüpfung „Sex + Schmerzen“ kann sich mit der Zeit verselbstständigen und auch nach Beseitigung der organischen Schmerzursache weiterbestehen – die Schmerzen beim Sex haben dann nur noch eine psychische Ursache.

 

Schmerzen beim Sex: Ursachen und mögliche Erkrankungen beim Mann

Schmerzen beim Sex können bei Männern vor allem folgende Gründe haben:

  • Vorhautverengung (Phimose): Schmerzen beim Sex können auf einer angeborenen oder erworbenen Vorhautverengung beruhen. Das Zurückziehen der Vorhaut ist dabei nicht oder nur unter Schmerzen möglich. Wird die zu enge Vorhaut gewaltsam zurückgestreift, kann sie sich in der Eichelfurche einklemmen – diese Paraphimose (spanischer Kragen) ist ein Notfall, der sofortig ärztlich behandelt werden muss, weil sonst die Eichel absterben kann.
  • Krankhafte Penisverkrümmung (Induratio penis plastica, IPP): Bei der IPP kommt es zu lokalen fibrösen Verhärtungen in der Schwellkörperwand, die eine oft schmerzhafte Verkrümmung des erigierten Penis mit sich bringen: Es kommt zu Schmerzen beim Sex oder der Erektion, der Geschlechtsverkehr wird mechanisch behindert. Die IPP kann angeboren oder erworben sein.
  • Chronische Prostataentzündung (Prostatitis): Eine chronische Entzündung der Vorsteherdrüse kann sehr variable Beschwerden auslösen, darunter starke Schmerzen beim Sex (genauer: beim Samenerguss), Schmerzen „tief im Becken“, im Dammbereich, Penis, in den Hoden, in der Leisten- oder Schambeingegend sowie Störungen der Blasenentleerung.
  • Harnröhrenentzündung (Urethritis): Schmerzen beim Sex können auch durch eine Harnröhrenentzündung bedingt sein. Diese wird meist durch Infektionen verursacht wie etwa Gonorrhoe, Chlamydieninfektion oder andere sexuell übertragbare Krankheiten.
  • Penisbruch (Penisfraktur): Ein knackendes Geräusch und starker Penisschmerz während eines heftigen Geschlechtsverkehrs deuten auf einen Penisbruch hin. Dabei reißt die kräftige Bindegewebshülle ein, die den stark mit Blut gefüllten Schwellkörper umfasst. Die Erektion lässt dabei sofort nach, der Penis schwillt an und verfärbt sich. Ein Penisbruch ist ein Notfall und erfordert schnelle ärztliche Hilfe!
  • Lichen sclerosus (LS): Diese Erkrankung kommt vor allem bei Frauen vor (siehe oben), kann aber auch bei Männern auftreten und Schmerzen beim Sex verursachen.
  • Dauererektion (Priapismus): Als Priapismus bezeichnen Mediziner eine sehr schmerzhafte Dauererektion über mindestens zwei Stunden. Die Ursache bleibt meist unklar, in den übrigen Fällen sind zum Beispiel Leukämie, Tumoren, Blutgerinnsel (Thrombosen) in der Beckenregion oder bestimmte Medikamente (wie Potenzmittel) der Grund für die Dauererektion. Wegen drohender Gewebsschädigung ist eine rasche ärztliche Behandlung ratsam!

 

Schmerzen beim Sex: Scheidenkrampf (Vaginismus)

Beim Scheidenkrampf (Vaginismus) kommt es zu einer unwillkürlichen und manchmal schmerzhaften Anspannung der Muskulatur im unteren Bereich der Scheide (Vagina) sowie der Dammmuskulatur, sobald versucht wird, einen Finger, ein Tampon oder den Penis einzuführen. Die Frau verkrampft sich völlig und klemmt auch manchmal schützend die Beine zusammen. Weder Geschlechtsverkehr noch eine gynäkologische Untersuchung ist bei Vaginismus möglich.

Ursachen von Vaginismus

Beim Scheidenkrampf handelt es sich in den meisten Fällen um eine psychische Abwehrreaktion, ausgelöst durch Angst (etwa vor einer Schwangerschaft oder vor Verletzung), psychosexuellen Hemmungen oder ein früheres Trauma (wie Vergewaltigung). Seltener ist Vaginismus die Folge von lang anhaltenden Schmerzen beim Sex (Dyspareunie).

Behandlung von Vaginismus

Hilfreich bei der Behandlung von Vaginismus sind Beratungen zusammen mit dem Partner, verhaltenstherapeutische Maßnahmen und Übungsprogramme (wie das Einführen zunehmend größerer Dilatatoren zusammen mit Gleitmittel).

 

Schmerzen beim Sex: Wann sollten Sie den Arzt aufsuchen?

Schmerzen beim Sex sollten prinzipiell ärztlich abgeklärt werden – unabhängig davon, ob sie akut auftreten oder schon länger bestehen.

 

Schmerzen beim Sex: Was macht der Arzt?

Der Arzt wird sich zunächst ausführlich mit Ihnen über Ihre Krankengeschichte unterhalten (Anamnese). Wichtige Informationen für ihn sind zum Beispiel:

  • Wann treten die Schmerzen beim Sex auf – etwa beim Berühren der Schamlippen, beim Einführen des Penis, bei allgemeinen Koitusbewegungen (Koitus = Geschlechtsverkehr) oder nur bei besonders tiefen Bewegungen?
  • Wo genau treten die Schmerzen beim Sex auf (z.B. im Bereich der Schamlippen, in der Vagina beziehungsweise am Penis, im Unterbauch)?
  • Wie fühlen sich die Schmerzen beim Sex an (brennend, stechend, ziehend etc.)?
  • Bestehen die Schmerzen beim Sex bereits seit dem ersten Geschlechtsverkehr? Treten Sie bei jedem Sex auf oder nur in bestimmten Situationen?

Anschließend folgt bei Frauen eine gynäkologische Untersuchung und bei Männern eine urologische Untersuchung zur Abklärung möglicher organischer Ursachen für die Schmerzen beim Sex. Eventuell sind dann noch weitere Untersuchungen angezeigt:

So werden etwa Urinproben analysiert, wenn Infektionen und Entzündungen im Genitaltrakt (wie Entzündungen von Prostata, Harnröhre oder Blase) die Schmerzen beim Sex verursachen könnten. Bei Scheideninfektionen wird ein Abstrich entnommen und im Labor untersucht. Myome und Zysten als Auslöser für die Schmerzen lassen sich oft beim Ultraschall erkennen. Bei Verdacht auf Endometriose werden ebenfalls Ultraschall-Untersuchungen sowie eine Bauchspiegelung durchgeführt.

So kann der Arzt Schmerzen beim Sex behandeln

Steckt eine organische Ursache hinter den Schmerzen beim Sex, wird der Arzt diese so gut wie möglich behandeln. Wenn aufgrund von Östrogenmangel (nach den Wechseljahren oder nach Entfernung der Eierstöcke) die Scheide nicht mehr richtig feucht wird und dadurch Schmerzen beim Eindringen des Penis auftreten, kann der Arzt zum Beispiel eine östrogenhaltige Creme verschreiben. Bei Entzündungen und Infektionen im Genitalbereich als Ursachen für Schmerzen beim Sex werden Medikamente gegeben. Auch Myome und Zysten lassen sich zum Teil medikamentös beseitigen; wenn nicht, wird der Arzt eventuell eine Operation vorschlagen. Notwendig ist ein chirurgischer Eingriff etwa bei Penisbruch sowie in schweren Fällen von Gebärmuttersenkung (in leichteren Fällen reicht manchmal eine Beckenbodengymnastik oder das Einsetzen eines Pessars).

Sind die Schmerzen beim Sex (zusätzlich) psychisch bedingt, kann eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein.

Schmerzen beim Sex: Das können Sie selbst tun

Folgende Tipps können gegen Schmerzen beim Sex helfen:

  • Organisch bedingte Schmerzen beim Sex treten manchmal nur in bestimmten Sexstellungen auf, so etwa bei Endometriose, Gebärmuttersenkung oder großen Myomen. Ein Stellungswechsel beim Sex kann die Beschwerden also verhindern oder zumindest verringern. So ist es oft besser, die Frau übernimmt den aktiven Part (Frau oben, Mann unten).
  • Bei einer Scheidenpilzinfektion als Ursache für Schmerzen beim Sex können manchmal Sitzbäder mit Kamille helfen. Außerdem sollten Sie die Schamhaare etwas kürzen, nach jedem Toilettengang trockenföhnen (Pilze lieben es feucht) und luftdurchlässige Unterwäsche tragen.
  • Gleitcremes sind sinnvoll, wenn eine mangelnde Befeuchtung der Scheide die Schmerzen beim Sex hervorruft.
  • Bei Endometriose sind Entspannungstechniken wie Tai Ji Quan, Qi Gong, Shiatsu und Yoga zu empfehlen, um Beschwerden wie Verkrampfungen und Schmerzen beim Sex zu lindern.

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