Frank Wagner: Krankheitsbelastungen und Interventionen in der Psychoonkologie am Beispiel maligner gastrointestinaler Tumorerkrankungen

Eine steigende Inzidenz von chronischen und Krebserkrankungen bei beiden Geschlechtern ist weltweit beobachtbar. Zur Zunahme der Erkrankungsfälle trägt hauptsächlich die Zunahme älterer Menschen in der Bevölkerung bei (demografische Entwicklung). Vor dem Hintergrund des medizinischen Fortschritts ist eine Folge dieser Entwicklung die Zunahme chronisch, unter Umständen auch multimorbid Kranker. Die psychosoziale Versorgung von Krebspatienten muss in Russland auch in Zukunft einen wichtigen Stellenwert innerhalb der onkologischen Versorgung einnehmen.

Krebserkrankungen sind durch eine Vielzahl von Belastungsfaktoren gekennzeichnet, die in allen Lebensbereichen auftreten. Das Spektrum der Belastungsfaktoren ist hierbei vielschichtig und kann grob in fünf signifikante Bereiche gegliedert werden: Belastung durch den Krebs und die Behandlung, familiäre Belastungen, soziale, finanzielle und berufliche Belastungen, existentielle und spirituelle Probleme und Probleme des Versorgungssystems.

In meiner Arbeit sollen die langfristigen Möglichkeiten und der Nutzen einer psychoonkologischen Intervention bei Krebspatienten untersucht werden. Insbesondere die oben genannten Belastungsspektren werden dabei berücksichtigt. Diese Untersuchungen, die mit Hilfe  einer auf das Patientenkollektiv (hier: gastrointestinale Tumorpatienten) abgestimmten und modifizierten Hornheider Methode durchgeführt werden, ist durch die Erkenntnis motiviert, dass Krebserkrankungen des gastro-intestinal Trakts häufig massive Belastungen für den Patienten und sein sozio-kulturelles Umfeld darstellen. Es gilt diesen Belastungsfaktoren ein langfristiges und stetiges Instrument zur Intervention gegenüberzustellen.

Es sollen dabei auch Fragen zur Güte des Messinstruments, Hornheider Fragebogen, zum psychoonkologischen Behandlungsbedarf und zur Bedeutung der Belastungsspektren für den Krankheits- und Behandlungsverlauf der Patienten beantwortet werden. In Russland ist in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des wachsenden Anteils älterer Menschen von einer weiter ansteigenden absoluten Zahl von Tumorerkrankungen auszugehen. Die Versorgung von onkologischen Patienten wird daher zukünftig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Da gut kontrollierte Studien zeigen konnten, dass psychotherapeutische Interventionen effektiv psychische Belastungen reduzieren und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen, ist die Notwendigkeit einer psychosozialen Betreuung onkologisch erkrankter Patienten heute unstrittig. Die bisherigen Untersuchungen zeigten, dass ein großer Teil der Krebspatienten psychische Befindlichkeitsstörungen entwickelt. Es ist darüber hinaus bekannt, dass psychologische Faktoren den Genesungsverlauf beeinflussen können. Für diese Patientengruppe sollte möglichst frühzeitig psychosoziale Unterstützung zur Verfügung stehen. Gerade die frühzeitige Identifizierung dieser Patienten ist jedoch nach wie vor problematisch. Der von Strittmatter entwickelte „Hornheider Kurzfragebogen“ erscheint als geeignetes Instrument zur Erfassung des Betreuungsbedarfes von Krebspatienten.

Diese Arbeit soll zur strukturellen Verbesserung der Versorgungssituation russischer Krebspatienten beitragen und den fachlichen Austausch beider Länder Russland und Deutschland fördern.