ADHS - Neurofeedback

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Dr. med. Nina Buschek und Ingrid Müller
Übertragung aus dem Deutschen – Evgeny Sheronov

Das Prinzip

Biofeedback ist ein Verfahren, mit dem Menschen ihre Körperfunktionen, die sonst unbewusst ablaufen, gezielt wahrnehmen und mit Gedankenkraft steuern lernen. Durch Rückmeldung (feedback) über Töne oder optisch über den Bildschirm werden Prozesse, Vorgänge und Signale im Körper (bio) wahrnehmbar gemacht. Das können beispielsweise die Atemfrequenz, Muskelspannung oder die Gehirnströme sein. Das Feedback erfolgt in Echtzeit. Der Betroffene sieht oder hört sofort, was der Körper macht.

Biofeedback wird bei vielen Krankheiten eingesetzt, zum Beispiel bei  Kopfschmerzen, Migräne, Tinnitus und auch ADHS Letzteres betrifft in Deutschland rund fünf Prozent der Kinder – Jungen häufiger als Mädchen. Sie sind unkonzentriert, lassen sich leicht ablenken, besitzen wenig Durchhaltevermögen, brausen leicht auf und neigen zu unüberlegtem Handeln und Hyperaktivität.

Verhalten kontrollieren

Neurofeedback ist ein Biofeedback der Gehirnaktivität. Diese wird in der Regel über ein Elektroenzephalogramm (EEG) gemessen. Deshalb sprechen Experten auch von EEG-Biofeedback.

Die elektrische Aktivität der Hirnareale besteht aus langsamen und schnellen Frequenzen. Schlafen, Dösen, ruhige Entspannung, Aufmerksamkeit, geistige Anspannung – von Zustand zu Zustand werden die Wellenbereiche immer schneller. Kinder mit ADHS sollen lernen, die Hirnaktivität wahrzunehmen, sie zu kontrollieren und zu verändern – also entweder anzukurbeln oder zu unterdrücken. So lässt sich das eigene Verhalten später besser steuern. Wer für schnelle Frequenzen, also Aufmerksamkeit, belohnt wird, ändert auch sein Verhalten. Aufmerksamkeit und Ausdauer sind dann Zustände, die sich später leichter herstellen lassen. Beim Neurofeedbacktraining versucht man, dieses Verhalten zu automatisieren, damit es auch in anderen Situationen abrufbar ist, zum Beispiel in der Schule.

Wichtig ist aber, dass die Kinder und Jugendlichen gut motiviert sind und sie auch zuhause weiter üben. Auch die Eltern müssen gut informiert sein und ihre Sprösslinge unterstützen.

Virtuelles Fußballspiel

Beim Neurofeedback-Training sitzt das Kind vor einem Computerbildschirm. Die Gehirnströme werden über aufgeklebte Messelektroden abgeleitet und steuern ein Computerprogramm. Je nach Konzentrationsgrad kann das Kind mit seiner Gedankenkraft bei einem virtuellen Fußballspiel einen Elfmeter-Schuss halten – oder eben nicht. Der Torwart bekommt den Ball nämlich nur zu fassen, wenn die Kugel im unteren Bildabschnitt durch die Konzentrationsleistung nach oben gelenkt wurde und sich dadurch rot eingefärbt hat. Alternativ manövrieren die Kinder einen Käfer durch ein Labyrinth, steuern ein Rennauto oder lassen einen Film langsamer oder schneller laufen. Später wird geübt, bei ausgeschaltetem Bildschirm auch ohne Feedback eine Veränderung zu bewirken.

Neurofeedback – die Wirksamkeit

Die Universität Tübingen veröffentlichte gemeinsam mit der Forschungseinrichtung „Brainclics“ der  Universität Nijmwegen eine Meta-Analyse* aller 15 bislang erschienen Studien zum Thema Neurofeedback und ADHS. Ihr Fazit: Neurofeedback sei eine evidenzbasierte und wirksame Behandlungsmöglichkeit für Kinder mit ADHS. Die Methode habe signifikante Effekte auf die Symptome „Impulsivität“ und „Aufmerksamkeit“. Mittlere Effekte sahen die Forscher im Hinblick auf das Kernsymptom „Hyperaktivität“. Ermittelt wurden die Daten über Elternfragebögen. Die Methode wirkte allerdings nicht bei allen Kindern. Neurofeedback sei kein Ersatz für eine  medikamentöse,  sondern ein weiterer Therapiebaustein.

Die Leitlinien sagen, Neurofeedback könne bei ADHS hilfreich sein, empfehlen aber noch weitere Studien zur Wirksamkeit. Die Kosten für ein Neurofeedback-Training werden in der Regel nicht von der Krankenkasse erstattet.

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